2017 im Juni ist Katja zum ersten mal zu mir ins Baselland gekommen, für das Ukrainische Kalender Projekt.
Damals hatte ich noch keine Erfahrung im Umgang mit Models
und Katja hatte noch weniger Erfahrung im Posieren bei einem Shooting. Wir sind in die Natur gegangen, um Fotos zu machen. Das Licht war schrecklich, hart, zu hell, ab und zu haben uns Wolken gestört und der Himmel hat uns den Stinkefinger gezeigt… Und meine Mentorin, Missi Kunz, hat mich damals kritisiert, weil alle Menschen auf meinen Fotos brav sassen und direkt in die Kamera schauten, sie betonte, dass das langweilig sei, sogar, wenn diese Menschen schön sitzen. Und dann habe ich begonnen, Katja in verschiedene Richtungen zu drehen, ich liess sie um die Kamera herum gehen und habe sie von allen Seiten fotografiert: von oben, von hinten, von der Seite, usw.
Beim Fotoshoting mit unerfahrenen Models sind die Hände etwas, womit sie nichts zu tun wissen, sie wissen nicht, wohin sie sie stecken, legen, halten sollen. Und dazu gibt es noch die Beine! – und dann muss man an das Gesicht denken! und darf nicht vergessen, die Haare von den Augen wegzunehmen! Die Kleider müssen richtig sitzen! Und dann lässt einen der Fotograf nicht in Ruhe: Entweder musst Du ins kalte Wasser gehen oder auf dem dreckigen Boden liegen und nicht immer ist für das Model klar, warum der Fotograf es bittet, komische Dinge zu tun.
Erst, wenn das Foto fertig ist, versteht man wozu es gut war, aber während des Shootings scheint es alles rätselhaft.
Der Fotograf kann auf dem Bildschirm der Kamera sehen, was wie aussieht und wirkt, aber das Model selber ist zur Zeit des Shootings blind. Ich kann zwar dem Model die Bilder auf dem Bildschirm zeigen, aber damit der Prozess der Zusammenarbeit intensiv und störungsfrei läuft, verwandelt sich der Fotograf in einen fast irrsinnigen Menschen und während der Arbeit ist es besser, ihn nicht anzusprechen und nicht abzulenken :)))) .
An jenem Tag im Jahre 2017 ist es uns mit Katja gelungen, die ersten Meisterwerke zu schaffen. Wir haben die richtige Position für die Hände gefunden, und die Aufnahmepunkte waren nicht banal und der Gesichtsausdruck hat zur Stellung gepasst. Wir haben es geschafft, mehrere erfolgreiche Fotos in verschiedenen Kleidern zu machen. Die sechs Fotos von diesem Fotoshooting waren cool, und mehrmals haben Profifotografen diese Bilder auf verschiedenen Sites gelobt. Ich bin Katja extrem dankbar für ihre Geduld und ihre eisige Disziplin, für ihre Pünktlichkeit und ihre gute Vorbereitung und für ihre Bereitschaft, etwas zu riskieren und etwas Neues und Ungewöhnliches auszuprobieren. Und wenn ich heute ihre Hände anschaue, mit denen sie bei Fotoshooting jetzt so clever umgehen kann und wie sie ihre Haare so schön flechten und sie dabei so romantisch herabfallen lassen, bis sie auf dem Foto ihr eigenes Leben haben, und ich erinnere mich daran, wie wir zum ersten Mal mit ihnen ein die Figuren gestaltet haben.
Wer keine Fehler macht, lernt nichts. Ich liebe diese Arbeit. Ich bin in die Menschen verliebt, die ich fotografiere und ich sage es vom ganzen Herzen, ohne professionelle Hintergedanken. Und dann verliebe ich mich neu in die Menschen auf den fertigen Fotos. Diese werden nicht so sein, wie sie sich im Spiegel sehen und sie werden oft auch nicht so sein, wie sie meinen, sich selber auf dem Foto zu sehen.
Aber genau das heisst Abenteuer, genau das heisst Kunst!
Und das ist die Erkennung von sich selber und das Gewöhnen an sich selber, das jetzt neu, geheimnisvoll, besonders und einmalig ist.